Trainingslager… HAJIME!
Kurz nach Ostern war es soweit: Eilig wurden Koffer und Taschen gepackt, die Dogis gewaschen und gebügelt, kein Gürtel vergessen, und der Ablaufplan für die kommenden Tage genauestens studiert. Denn nach gefühlt viel zu langer pandemiemaßnahmenbedingter Wartezeit konnte es nun wieder stattfinden: Das zur liebgewonnenen Tradition gewordene Karate-Trainingslager in Zinnowitz!
Endlich wieder durchstarten, gemeinsam trainingsintensive Tage verleben, das Meer, den Strand und das soziale Miteinander genießen – vom 19. bis 24. April war dies alles kein Wunschdenken mehr, sondern gelebte Realität.
Und so meinte man das konzentrierte Knistern zu spüren, als Cheftrainer Siggi Gelz zum ersten gemeinsamen Training rief und ca. 50 Karatekas aller Altersstufen und Graduierungen mucksmäuschenstill im Mokutsu saßen. Kurz darauf hieß es Hajime und all die aufgestaute Energie konnte sich in einer ersten lockeren Kumite-Einheit entladen, bei der Abwehr- und Angriffstechniken fleißig gelernt oder verbessert wurden, das Kennenlernen und Spaßhaben aber im Vordergrund standen.
Ernst(er) wurde es dann in den folgenden Tagen: In zwei langen Trainingseinheiten pro Tag brachte Siggi mit Kihon Ippon Kumite und der Kata Bassai Sho die Oberstufe gehörig ins Schwitzen. Der Fokus bei den Kumite-Übungen lag – wie bei Siggis Training üblich und effizient – im Ausbau der koordinativen Fähigkeiten (hier v.a. Reaktion, Umstellung u. Rhythmisierung), die er in Verbindung mit verschiedenen Möglichkeiten der Raumgewinnung beim Blocken als neuen Ausgangspunkt für den Konter nutzte. Das Weggehen, Weggleiten und Wegdrehen (Tai Sabaki) wurden gewohnte Bewegungsmuster in diesen Tagen.
Die Kata Bassai Sho kam als gut gewähltes „Kata-Bonbon“ für die Violett-, Braun- und Schwarzgurte einher, denn sofern man Karate nicht schon seit vielen Jahrzehnten betreibt, gehört diese anspruchsvolle Formübung zu jener, die nicht allzu oft Inhalt von Lehrgängen und regulären Trainingseinheiten ist. In dieser kraftvollen Kata, bei deren Charakteristik die Stockabwehr hervorsticht, kommen schnelle-starke und langsam-fließende Techniken im Wechsel, welche teils mit offenen, teils mit geschlossenen Händen ausgeführt werden. Dies erfordert ein hohes Maß an geistiger Konzentration und körperlicher Kontrolle und stellte somit für die Trainierenden eine schöne Herausforderung dar.
Doch auch in der Unter- und Mittelstufe wurde hart trainiert, denn in dieser Gruppe galt es für viele, ein besonderes Ziel zu erreichen: Die nächste Gürtelfarbe. Die Trainer Danny, Ron und Julien nahmen sich sehr engagiert der Prüfungsvorbereitungen an. Kihon, die Heian-Katas 1 bis 5 und natürlich das Kumite in verschiedenen Schwierigkeitsstufen standen auf dem Trainingsplan. Hier konnten sich die Kōhai viel von den Senpai abschauen und gewannen einen Eindruck davon, was die nächsten Jahre, den sie ihren Karatedō beschreiten, technisch auf sie zukommt.
Jedoch führt alle Arbeit zu nichts, wenn die Regeneration und Entspannung zu kurz kommen. Für die Kinder gab es deswegen einen spannenden Sandburgenbauwettbewerb bei schönstem Ostseewetter am Strand, hinzu kamen Spaziergänge und spielerisches Rumbolzen auf dem Fußballplatz. Wer wollte, konnte unter fachlicher Anleitung Bernstein polieren und eine Kette anfertigen, oder aber ein U-Boot besichtigen, Fußball schauen, Karten spielen und dabei das ein oder andere Getränk in geselliger Runde zu sich nehmen.
So körperlich und mental gestärkt erreichte die gemeinsame Zeit am Sonnabend ihren Höhepunkt: Alle Farbgurte haben ihre Prüfung zum nächsten Kyū erfolgreich gemeistert und bekamen unter jubelndem Applaus der anderen ihre Urkunden ausgehändigt. Nun konnte die ganze Anspannung abfallen und die Party beginnen: Am letzten Abend in Zinnowitz wurde gemeinsam gegrillt, gegessen, getrunken, getanzt und gelacht, bis auch die Hartgesottensten müde und glücklich in die Betten fielen.
Mit ordentlichem Muskelkater, hallenfußbodenbedingt wunden Füßen, aber um viele neue Erkenntnisse und Eindrücke reicher verließen wir am Sonntagmorgen Zinnowitz wieder Richtung Berlin – mit der hoffnungsvollen Aussicht im Gepäck: Es wird kommendes Jahr wieder ein Trainingslager in Zinnowitz geben und es wird wieder wunderbar werden; darin sind sich alle im Bus einig.